Der versteinerte Wald von Sarmiento ist absolut einen Tagesausflug wert! Zu hunderten liegen die bis zu 62 Millionen alten, bestechend echt wie Holz wirkenden, versteinerten Bäume einfach herum und ragen sogar aus Hügelspitzen hervor. Das Resultat von natürlichen Sediment-Abtragungen sieht einfach genial aus. Hier können wir mal drei Stunden wandern resp. auf über 60 Millionen alten, versteinerten Holzsplittern rumlaufen. Beim Parkausgang gibt’s allerdings eine strikte Kontrolle, ob nicht doch irgendwo wertvolle Stücke rausgeschmuggelt werden.
Von Rada Tilly lohnt auch die Fahrt zur grossen Seelöwenkolonie bei Punta Marques mit einem extrem engagierten Parkaufseher. Auf dem Rückweg sehen wir einen Gleitschirmflieger, der sich trotz der enormen Windböen hinab zum Strand tragen lässt.
Seit Rada Tilly treffen wir Cock und Miep aus Holland – Naturfotografen und Vogelkundler – immer mal wieder auf Campingplätzen. Im viel gerühmten Ort Puerto Deseado ist
1. der wasserlose und schmutzige Camping Municipal geschlossen und wird
2. auf dem einzigen noch verbleibenden (unverschämt teuren) Platz nebenbei ein kleines Bordell betrieben.
Nach einer sehr umtriebigen Nacht verlassen wir den Ort fluchtartig. Weiter südlich in Puerto San Julian ist der direkt am Meer liegende Platz dafür extrem gepflegt und die heisse Dusche im beheizten Baño bessert die Stimmung sofort auf. Die Nähe zur Antarktis wird jetzt immer spürbarer und abends wird’s schon bitterkalt. Heute gönnen wir uns Langusten in Cognac-Sauce – das Rezept probieren wir bestimmt mal selber aus!
Von San Julian fahren wir mit Miep und Cock den Circuito Costero ab, eine Piste entlang der einsamen patagonischen Küste mit Blick auf Seelöwen, Delfine und Kormoran-Kolonien.
Weiter südlich quartieren wir uns übers Weekend in der Ortschaft Comandante Luis Piedra Buena auf dem kleinen, ruhigen Camping „Vial“ (mit WiFi und beheizten Baños) ein.
Wir ahnten es irgendwie: Der Parque Monte Léon ist bis am 31. Oktober noch geschlossen. Enttäuscht und etwas säuerlich nehmen wir nun halt etwas früher als geplant die Strecke über die Ruta Provincial 9 zurück an die Anden unter die Räder. Auf der linken Seite nichts als flaches Land und Schafe, auf der rechten Seite das tiefe Flusstal des Rio Santa Cruz. Es ist eine phantastische Landschaft, die uns die sehr holprige Piste fast ignorieren lässt!
In El Calafate – auch das ahnten wir – hat nur ein einziger von sieben Campingplätzen schon geöffnet: El Ovejero. Der bietet allerdings viel: Mitten in der Stadt mit guten Einkaufsmöglichkeiten, Restaurant, beheizte, sehr saubere Baños und wunderschön an einem kleinen Fluss gelegen. Auf dem Fussmarsch zum Vogelparadies „Laguna Nimez“ trotzen wir tapfer den patagonischen Sturmböen und buchen anschliessend für den nächsten Tag eine nicht ganz billige 7-stündige Bootstour auf dem Lago Argentino.
Der Katamaran ist zwar randvoll mit weiteren 398 Touristen, der Trip ist jedoch phänomenal! So dicht an den Gletschern Upsala, Spegazzini und als Höhepunkt Perito Moreno , da bleibt nur Staunen! Immer wieder kreuzen teilweise riesige, in allen Blautönen glitzernde Eisberge das Schiff. Der Glaciar Upsala ist der kleinste Gletscher (über 1km innerhalb eines Jahres geschrumpft) und den eindrucksvollen Glaciar Spegazzini sieht man auf ganzer Länge. Der berühmte Perito Moreno aber, dessen 2 km lange und 60 m hohe Gletscherzunge in den See ragt, verblüfft dann vollends. Die Verbindung zum anderen See-Ende, wo der Gletscher jeweils einen Seitenarm des Lago Argentino vom See abtrennt und das Wasser oft jahrelang staut, ist zwar im letzten März spektakulär zusammengebrochen, und für die berühmten Gletscherabbrüche ist es noch zu kalt – aber die unzähligen Blautöne der riesigen Eiswand sind alleine ein phantastischer, unvergesslicher Anblick. Selbstverständlich lassen wir es uns nicht nehmen, einen Whisky mit uraltem Gletschereis zu geniessen. Auch der beginnende Regen kann uns die gute Laune heute nicht verderben.
Anderntags scheint zwar die Sonne, aber es weht ein eiskalter und kräftiger Wind. Zeit zum Ausschlafen, aufräumen, putzen, mailen, skypen und Reisebericht schreiben. Am nächsten Morgen bringt der böige Wind Schneeflocken und der Wetterbericht für den Lago Roca ist gelinde gesagt verheerend! Auf und davon nach El Chaltén am Fusse des Fitz Roy Massivs. Die abwechslungsreiche Route führt längere Zeit durch das gewundene Flusstal des Río Leona und später am Lago Viedma ist der Glaciar Viedma schon von weitem zu sehen. Der Campingplatz „El Relincho“ liegt mitten im Dorf (heisses Wasser, kein WiFi). Es reizt uns heute noch, die Piste zum Lago Desierto zu befahren. Aufgrund von beginnendem Schneefall und sehr heftigem Wind brechen wir jedoch auf halbem Weg ab. Die Ausmasse des Mt. Fitz Roy sind heute leider nur zu erahnen. Am zweiten Tag in El Chaltén wollen wir endlich mal wandern, da uns aber die dauernden Windböen schlicht vom Weg fegen, müssen wir auch dieses Unternehmen aufgeben. Später wird der Wind zum ausgewachsenen Sturm, so dass wir sogar das Hubdach unseres Chateaus schliessen und in der Wohnkabine ausharren müssen. Die Böen rütteln und zerren dermassen an unserem Auto (immerhin 3,5 t), dass wir fast seekrank werden – Erinnerungen an Lothar anno 2006 werden wach!
Nachts beruhigt sich der Sturm etwas und wir können bei offenem Hubdach schlafen….bis das Ganze morgens um 04:00 wieder losgeht! Um 06:30 halten wir es nicht mehr aus und machen uns auf den Weg zurück nach El Calafate. Der Fitz Roy ist beinahe zu sehen, und immer wieder werfen wir den Blicke in die Rückspiegel. Endlich dann, schon 100km entfernt am anderen Ende des Lago Viedma, zeigt sich der schönste Berg Argentiniens in seiner ganzen Pracht. Wer sagt’s denn: Wenn Engel reisen! Auf der gesamten Strecke – vor allem entlang der Seen – zerren immer wieder unglaublich starke Windböen am Chateau, also weg vom Gas und grösste Vorsicht!
In El Calafate pfeift uns – trotz herrlichstem Sonnenschein – der oft zermürbende und kalte patagonische Wind um die Ohren. Mal etwas Kultur reinziehen: Morgens ist der Wind noch nicht so stark und die Felszeichnungen von Punta Walichu bieten sich für einen Ausflug an. Bei stärkerem Wind lockt dann das Eismuseum, wobei der Weg vom Auto bis zum Eingang schon sehr anstrengend sein kann. Der Wind bleibt uns treu…
Genug Calafate und weiter zum Parque Nacional „Torres del Paine“ in Chile. Am Grenzübergang Cerro Castillo müssen wir uns etwas gegen einen Bus voller französischer Touristen wehren, deren Reiseleiterin uns doch tatsächlich die Leute vor die Nase stellt mit der Bemerkung: Wir sind eine Gruppe… Erfolgreich abgewehrt und überlebt! Ansonsten alles Null Problemo.
Das patagonische Flachland trifft hier auf die steil aufragenden Gipfel der Südkordillere – eben die „Torres del Paine“. Ein phantastischer Anblick, und zwar schon weit vor dem Park. Kaum auf dem Campingplatz am Lago Pehoé – mit sehr hohem Standard – eingetroffen, sehen wir diese Felstürme bereits in voller Pracht und die Abendstimmung lässt uns beinahe das Essen vergessen. Während unserer gesamten Zeit im Park begleiten uns immer wieder Regenschauer, und zwar wegen der Windböen aus weit entfernten Wolken, sowie auch oft sonnige Stunden. Und eben: unaufhörlich Wind…
Die Schotterpiste zum Lago Grey ist extrem rau und die Zufahrt zum Camping Serrano am Südende des Parks nur mit 25kmh befahrbar. Wegen ungewissem Wetter beschliessen wir, noch heute weiter zu reisen. Die 60km lange, „gut ausgebaute Schotterstrasse“ entpuppt sich dann als Wellblech vom Feinsten, gespickt mit tausenden tiefen und wassergefüllten Schlaglöchern. Beat ist erkältet und die Strecke zerrt an den Ersatznerven.
Gegen Abend erreichen wir dann endlich Puerto Natales am Pazifischen Ozean und freuen uns über den Geruch des Meeres. Ach ja: 1. November ist ja Feiertag und die Tourismus-Information macht daraus gleich ein verlängertes Wochenende… Wunderbar: Wir sind in Südamerika, alles ist möglich!
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