Unsere Freunde sind da! Selbstverständlich begrüssen wir die etwas erschöpften Madeleine und Urs sowie Roswitha und Koni am Flughafen von Windhoek, nachdem wir für uns alle einen Riesen-Einkauf getätigt haben. Wie immer dauert die Übernahme ihrer Mietwagen „etwas“ länger, und als sie endlich in der Pension Uhland eintreffen ist es schon fast dunkel. Zur Feier des Tages gehen wir ins bekannte Joe’s Bierhaus essen. Da steht am Eingang: Our Housewine: Jägermeister!
Der erste gemeinsame Streckenabschnitt – 516 km – führt uns ins Roy’s Camp nördlich der Ortschaft Grootfontein. Viele Kilometer, aber immerhin durch abwechslungsreiche Landschaften. Zweiter Tag: 415km bis Popa Falls, dritter Tag über 300km durch den Caprivi Streifen nach Katima Mulilo– immer eintöniger und flacher wird die Gegend. Auch Elefanten, welche hier ohne Einschränkungen zwischen Angola und Botswana wandern können, lassen sich nicht blicken. Heiss ist es hier oben – wir hoffen auf weniger kalte Nächte!
Obwohl Sonntag ist, können wir bei Pick’n Pay noch schnell was einkaufen. Ein einziger unachtsamer Moment von Koni – schon ist sein Rucksack mit dem gesamten Autopapieren, US$ und Ladekabeln weg. Innerhalb von Sekunden aus dem Auto gestohlen! Erst mal kräftig ärgern, was natürlich nichts bringt Wenigstens ist der Campingplatz der Zambezi River Lodge wirklich wunderschön, schon beinahe luxuriös. Die ausserordentlich hilfsbereiten Mitarbeiter an der Rezeption fahren mit zweien von uns zur Polizei und sorgen dafür, dass Koni einen – lesbaren! – Polizeirapport kriegt und kontaktieren sofort den Autovermieter. Da die Menschen hier in Namibias Norden des Englischen nicht wirklich mächtig sind, ist die Unterstützung eines Einheimischen mehr als wertvoll! Koni soll am Montag mit dem Rapport zusätzlich ein Ministerium aufsuchen und der Autovermieter wird die Ersatzpapiere am nächsten Tag faxen. Wohl wissend, dass sich die Einreise nach Sambia am nächsten Tag kaum in die Tat umsetzen lässt, bleiben wir halt noch eine Nacht länger hier. Niemand ist nach dieser öden Fahrerei darüber wirklich unglücklich.
Am 22. Juli reisen wir dann endlich nach Sambia ein. An der Grenze werden wir erst mal um Geld erleichtert: US$ 50.00 pro Person fürs 30 Tage-Visum, 600 Südafrikanische Rand Autoversicherung und 200 Sambische Kwacha Auto- und Strassenbenutzungsgebühren. Selbstverständlich ist der Bankomat leer und die Bank wechselt keine Namibia $. Trotzdem schaffen wir es, die Kwacha zusammenzukratzen, um bloss nicht bei einem der aufdringlichen Geldwechsler tauschen zu müssen. Nach einer Stunde ist es dann geschafft!
Die Strasse entlang des Zambezi Rivers bis Sioma ist geteert…und endet an einem Schutthaufen vor einer noch zu bauenden Brücke. Aber immerhin steht schon mal eine riesige Tafel, woraus zu entnehmen ist, dass die Strasse dann mal nach Senanga führen wird. Nach 70km Rumpelpiste erreichen wir den Ort Sitoti, wo soeben die Fähre den Geist aufgibt. Wohl oder übel also 70km zurück nach Sioma, um mit einer anderen Fähre über den Zambezi zu gelangen. Auf der anderen Flussseite erwartet uns dann eine Überraschung: Eine nagelneue Teerstrasse – weder auf GPS noch auf Karten ersichtlich. Die Chinesen müssen hier innert kürzester Zeit diese Strasse gebaut haben. Endlich – kurz vor Einbruch der Dunkelheit und 333km – in Senanga! Eine schräge Wiese in der einzigen Lodge ist unsere erste Übernachtungsstelle in Sambia.
Schlaglöcher, Lastwagenverkehr, immer wieder Ansiedlungen mit ungeheuren Speed Bumps entlang der Strecke sowie Menschen zu Fuss und per Fahrrad verhindern das Erreichen des nächsten Tageszieles. Wir schaffen gerade mal 301km bis Kaoma, wo wir in der Ishambingas Kraal Lodge auf dem Gelände campen dürfen.
Erstes Highlight ist der Kafue Nationalpark. Nach nur 143km Fahrt treffen wir im wunderschönen Mayukuyaku Camp ein und geniessen den Nachmittag. Das Wasser hier stinkt nicht nach Rost, die Duschen sind warm und alles ist ausserordentlich gepflegt – welch eine Wohltat! Der Game Drive anderntags ist dann nicht soooo ergiebig wie gehofft, denn die Piste führt fast ausschliesslich durch dichten Mopanewald. Immerhin einige Rappenantilopen und Flusspferde können wir ausmachen. Viel Elefanten-Dung liegt rum, doch leider lässt sich kein grauer Riese blicken. Was jedoch im Überfluss vorhanden ist, sind Tse-Tse Fliegen. Deren Stiche sind schmerzhaft und hinterlassen bei Madeleine und mir nässende Wunden. Einzig die cortisonhaltige Salbe von Roswitha hilft, und innert drei Tagen wird es merklich besser.
Nach weiteren 315km erreichen wir den Ort Kabwe – ohne jegliche Campingmöglichkeit. Eine ganz üble Piste bis Landless Corner kostet uns einen Stossdämpfer-Gummi, was wir erst mal notdürftig flicken lassen müssen. Wir haben keine andere Wahl, als im Wilson Guest House eine Nacht zu verbringen. Es gibt extrem viele Polizeikontrollen in diesem Land. Normalerweise werden wir durchgewinkt, lediglich bei Kabwe treffen wir auf eine korrupte Bande, bestehend aus Militär und Polizei. Die Führerscheine von Koni und Urs sowie unser Carnet de Passage werden von einer fetten Polizistin abgenommen und dem Obergangster übergeben, welcher in einer Hütte hinter einem riesigen, schmutzigen Schreibtisch thront. Unser Carnet wirft er neben sich auf den Boden und die Führerausweise in ein Ablagekörbchen, dann fordert er von uns 600 Kwacha pro Person (ca. Fr. 100), wobei er das selbstverständlich nicht begründen kann. Erst mal sage ich, dass wir nicht so viel Geld haben, dann einigt sich Beat mit ihm auf 200 Kwacha für uns alle. Für nichts natürlich immer noch zu viel…
Wieder haben wir gestern das gesteckte Tagesziel nicht erreicht und fahren dann los, so lange es geht. Nach 383km sollte gemäss Karte bei den Nsalu Caves (Höhlen mit Felszeichnungen, welche von Volltrotteln fas vollständig überschmiert wurden) ein Campingplatz bestehen. Es bleibt beim „sollte“! Weit genug weg von Ansiedlungen sind wir hier ja, da können wir „Wild Camping“ schon riskieren. Nachts kommen dann tatsächlich Menschen aus dem Wald und verschwinden im Busch – ohne jegliches Licht. Unglaublich!
Im Ort Mpika lassen wir unseren Stossdämpfer-Gummi professionell ersetzen, denn in den nächsten Tagen werden wir ausschliesslich auf Pisten fahren. Die Fahrt ins Luangwa-Tal ist landschaftlich mal was Anderes und die Piste nicht übel. Nach 264km stehen wir am Eingang zum North Luangwa National Park und nur dank Intervention von Madeleine und Beat kriegen wir das Chikolongo Camp angeboten, welches über rudimentäre sanitäre Anlagen verfügt. Der Attendant macht auf einem Feuer vor seiner Hütte heisses Wasser für unsere Duschen. Nach den letzten Tagen wahrlich dringend! Und immerhin gibt es eine Toilette, wenn auch mit manueller Spülung.
Der nächste Tag wird dann echt abenteuerlich. Erst mal runter zum Luangwa River. Hier erwartet uns Tiefsand und ein wackliger, handbetriebener Ponton, mit welchem alle drei Wagen innert einer Stunde das andere Flussufer erreichen. Etwa 30 Flusspferde machen ordentlich Krach – also reinfallen sollte man hier nicht! Wir Frauen müssen übrigens auf einem schmalen Brett draussen neben den Autos stehen. Ein einzelner Mann zieht die „Fähre“ mit einem Holzpflock über ein Stahlseil rüber – strong man!
Es folgt eine anstrengende, kurvige Piste – immer um Bäume rum! Kurz vor Zokwe dann das Dessert: Ein entgegenkommender Lastwagen steckt im fast trockenen Flussbett fest – kein Wunder bei Null Profil auf den Reifen! Die Piste ist eng und rundum brennen Feuer von den vielen Brandrodungen – kein Durchkommen für uns. Nur wir zwei haben Sandbleche dabei, die könnten wir dann allerdings entsorgen. Nach mehreren vergeblichen Befreiungsversuchen der Einheimischen fasst sich Beat ein Herz und fährt den Land Rover vor den LKW. Abschleppgurt festmachen und los. Fast mühelos zieht unser Landy den LKW das steile Flussufer hoch. Nach über einer Stunde können wir weiter und treffen bei Dämmerung am Eingang zum Nsefu Sektor ein. Leider zieht sich die Zettel-Prozedur auch noch in die Länge, und bis wir dann auf dem Campsite der Luangwa Wilderness Lodge fahren – nach nur 190 Tageskilometern -, ist es bereits dunkel. Erwähnen wollen wir aber, dass die Mitarbeiter der Lodge unverzüglich heisses Wasser aufbereiten und die Toiletten kontrollieren. Alles tiptop! Einzig Hippos sind zu hören, sehr nah und laut. Wir haben natürlich keine Ahnung wie es hier aussieht.
Morgens stehen wir gespannt früh auf und freuen uns ungemein ob der schönen Landschaft. Der Fluss ist hier sehr breit und die Flusspferde ungemein zahlreich. Gottlob ist das Campsite-Ufer zu steil, die Hippos können hier kaum an Land und bevorzugen die flachen Sandbänke weiter draussen.
Nach lockeren 113km erreichen wir am 30. Juli den kleinen Ort Mfuwe, wo wir uns im Tankstellenshop überraschend gut mit Lebensmitteln, Bier und Wein eindecken können, ehe wir zum Wildlife Camp aufbrechen. Und hier gibt es wahrlich Wildlife! Viele Hippos im Luangwa River, immer mal wieder sind trinkende Antilopen zu sehen, und Elefanten erleben wir hier mindestens zweimal täglich buchstäblich hautnah! Einziges Ärgernis sind die frechen Affen. Autos immer geschlossen halten ist die Devise! Am zweiten Morgen hören wir die Kerle auf dem Dach rumlaufen und unsere Windschutzscheibe ist voll von Affenpisse und –kacke. Nachdem wir sie einige Male mit Steinen bewerfen haben wir dann ein wenig Ruhe.
Hier bleiben wir drei Nächte und lassen uns im South Luangwa National Park rumfahren. Der Game Drive startet um 16:00 Uhr und dauert vier Stunden. Toll, was wir nachts alles zu sehen kriegen – Highlight ist ein Leopard, der vor einer Impala-Herde auf der Lauer liegt!
Vom Befahren der Petauke Road (Escarpment-Abfahrt!) wird dringend abgeraten. Nach den letzten Tagen haben wir auch wirklich keinen Bock mehr, noch heftiger durchgeschüttelt zu werden! Die 312km bis Petauke auf angenehmer Teerstrasse sind relativ schnell geschafft. Auf dem Campsite der Chimwemwe Lodge haben wir ungemütliche Nachbarn: Ein Volk afrikanischer Killerbienen! Wir stellen uns so weit weg wie möglich vom Nest auf und haben unsere Ruhe!
Das nächste Tagesziel – ein „No Name Camp“ – gibt es offensichtlich nicht mehr und ich schlage vor, einfach in Richtung Lusaka weiter zu fahren. Die berüchtigte Leopard Hill Road erübrigt sich somit ebenfalls. Auf dem Weg zu Sambias Hauptstadt gibt es tatsächlich keine Campingmöglichkeiten mehr, und der Platz innerhalb der Stadt gehört heute zu einem Golf-Hotel. Es bleibt nur, mitten durch Lusaka zu fahren, was einfacher ist als gedacht. Einzig auf die an Rotlichtern zwischen den Autos rumlungernden Typen muss man achten, die versuchen frech, Autotüren zu öffnen. Einige km südlich treffen wir dann – nach „ungewollten“ 418km – auf dem Eureka Campsite ein.
Dafür liegen anderntags lediglich 134km vor uns. Nach einer sehr abwechslungs- und kurvenreichen Strecke übers Gebirge stehen unsere Wagen bereits am frühen Nachmittag auf dem wunderschönen Platz der Zambezi Breezers Lodge beim Grenzort Chirundu. Ein Muss ist ein Bootstrip auf dem Zambezi River! Das andere Flussufer gehört bereits zu Zimbabwe und ist ein Schutzgebiet. Immer wieder sind im Schwemmland unglaublich riesige Elefanten zu sehen, ausserdem die unvermeidlichen Hippos, einige Krokodile und jede Menge verschiedener Vögel.
Eine sehr angenehme Überraschung ist nach weiteren 212km der Moorings Campsite beim Ort Monze. Sowas Gepflegtes und Sauberes sieht man als Camper in diesem Land nicht oft!
6. August – nur noch 306km bis Livingstone bei den Victoria Fällen. Der Platz bei der Livingstone Safari Lodge ist dann – gelinde gesagt – renovierungsbedürftig. Am Nachmittag besuchen wir die weltberühmten Fälle – diesmal natürlich auf sambischer Seite. Zauberhaft ist das Licht am späten Nachmittag und die Fälle sind mehr als imposant. Wir sehen diese ja bereits zum dritten Mal – trotzdem immer wieder ein gewaltiger Anblick.
Morgens dann müssen wir uns bereits von unseren Reisegefährten verabschieden, denn sie fahren heue zurück nach Namibia. Schön war‘s mit euch – vielen Dank dafür! Ihr werdet uns sehr fehlen!
Und wir beide suchen nach einer Internetverbindung und nisten uns für zwei Nächte im Jolly Boy’s Camp ein. Reiseplanung für Zimbabwe, Reisebericht schreiben, Auto vom Staub befreien, Wäsche waschen – es gibt viel zu tun!
Noch ein paar Worte zu Sambia
Als Erstes bemerken wir die riesigen Flächen verbrannter Erde. Überall ist Rauch zu sehen und der Himmel erscheint oft gelblich. Hier wird hauptsächlich Brandrodung betrieben – und damit der Boden dauerhaft geschädigt, weil in zu kurzen Zeitabständen wieder angebaut wird.
Weiter augenfällig sind die unzähligen lebhaften Dörfer und namenlosen Kraal-Siedlungen – alles entlang den Strassen und Pisten. Das eigentlich dünn besiedelte Land wirkt auf Durchreisende beinahe überbevölkert. Bei fast jedem Hüttchen existieren – zur Verkehrsberuhigung – hohe Speed Bumps oder es wurde einfach der Asphalt über mehrere Meter zerstört. Das ganze Leben scheint sich an den Strassen abzuspielen, wobei das Hauptverkehrsmittel Fahrräder sind – Millionen davon! Damit werden ganze Familien und schwerste, sperrige Lasten transportiert. Die Sambier leben zum grössten Teil noch sehr traditionell und sind auch stolz darauf.
Meist sind die Menschen freundlich und winken uns lachend zu. Angebettelt werden wir selten und hauptsächlich im Norden, dafür aber richtig aggressiv. Kinder stehen sekundenschnell um die Autos, sobald wir mal anhalten müssen. Beim wütendem „give me“ endet auch schon der englische Wortschatz – zu Gesprächen kommt es leider nur selten.
Die Mütter sind jung – sehr jung! Kaum ein junges Mädchen ohne Baby am Rücken. Dafür treffen wir nur selten auf ältere Menschen. Die Lebenserwartung liege in Sambia bei 36 Jahren, die Aids-Rate bei über 20%. Aber immerhin existieren sehr viele Schulen – hoffen wir, dass die Bildung in die richtige Richtung zielt und dem Land was bringt!
Normale Autos sind ausserhalb von Lusaka nicht oft zu sehen, hauptsächlich sind es völlig überladene, riesige Lastwagen, welche dann auch häufig wegen Pannen liegenbleiben.
Nach ein paar Tagen stellen wir fest, dass es ausserhalb der National Parks nirgends Tiere zu geben scheint. Keine Vogelstimmen, keine Antilopen – nichts! Irgendwie seltsam…
Überall im Land gibt es katholische Missionen sowie irgendwelche Erweckungskirchen. Neuerdings ist auch der Islam auf dem Vormarsch, die Moscheen ragen schon von weitem aus der Buschlandschaft. Was uns aber nachdenklich stimmt, sind die unzähligen Ableger der Zeugen Jehovas – überall im Land! Diese einfachen Menschen hier sind wahrlich leicht zu beeinflussen!
Sambia wird von China stark unterstützt – jedenfalls was den Strassenbau betrifft. Augenfällig sind Fabriken, Lastwagen und Überlandbusse mit chinesischen Schriftzeichen. Was sich China davon verspricht – keine Ahnung! Ausser Kupfer verfügt das Land über keine (bekannten) Bodenschätze.
Sambia lässt bei uns gemischte Gefühle zurück, und wir sind sehr gespannt, in welche Richtung die Entwicklung vorangeht. Eines ist sicher: Sambia zu bereisen ist kein Fall für Afrika-Anfänger.