Nach einer kurzen Nacht, einem gediegenen Frühstück und bei dichtem Nebel verlassen wir Prince Rupert. Auf den Besuch bei Herbert Schönbächler in Rosswood („Die Auswanderer“) verzichten wir aus Zeitgründen und biegen direkt bei Kitwanga vom Yellowhead Hwy auf den Cassiar Hwy ab. Die Strasse führt fast immer durch dichten Wald bis Meziadin Junction, von wo wir auf der 37a nach Stewart und Hyder weiterfahren. Auf dieser Strecke geraten wir in eine völlig andere, wilde Welt: Nach 30km der in allen Blautönen leuchtende Bear Gletscher, immer höher werdende Berge mit schneebedeckten Gipfeln, weitere Gletscher sowie unzählige Wasserfälle.
Jetzt sind wir gespannt auf Hyder, welches in Südalaska (USA) liegt. Der Grenzübergang wird nur bei der Rückfahrt durch die Kanadier kontrolliert, da von Hyder aus keine weitere US-Ortschaft erreicht werden kann. Am Ende des Dorfes liegt der Run-A-Muck Campground – perfekt für unseren Ausflug am nächsten Tag. Erst mal zum Salmon River, denn hier gibt es seit zehn Jahren eine Plattform, von der aus man gefahrlos Bären beim Fangen der mächtigen Lachse beobachten kann. Der Lachszug hat Verspätung und wo kein Fisch, da auch kein Bär:((
Kleine Anmerkung zum Thema „Lachse“
Der atlantische Lachs und die pazifischen Lachse wandern ins Meer und kommen nach zwei bis vier Jahren zum Laichen zurück in die Süssgewässer ihrer Geburt. Beim Hochschwimmen zu ihren Laichplätzen im Oberlauf der Flüsse müssen sie Hindernisse wie niedrigere Wasserfälle und Wehre überwinden sowie sich bei ihrer Wanderung vom Salz- zum Süsswasser auch physiologisch anpassen.
Von Hyder kann man – über eine grüne Grenze zurück nach British Columbia – weiter nördlich in den Tongass National Forest bis zum Salmon Glacier fahren. Die Strasse liegt leicht erhöht über der riesigen Gletscherzunge und endet am Summit Viewpoint, von wo man den riesigen Gletscher als Ganzes überblicken kann. Es ist mit 27C° angenehm warm, und das lediglich 100m über dem blau schimmernden Eisfeld. Wir fahren auf einer Gravel Road noch etwas weiter, immer in der Hoffnung auf eine Wandermöglichkeit. Leider ist die Piste nach wenigen Kilometern gesperrt. Eine kleiner befahrbarer Weg hinunter gibt es noch, der Weg zum Gletscher ist allerdings viel zu weit. Wir wollen ja noch Bären sehen! Auf dem Rückweg können wir erstmals einen Blick auf einen Schwarzbären werfen, der direkt vor uns die Strasse überquert. Für ein Foto ist der Kerl aber viel zu schnell!
Spät abends – es ist ja hier locker bis 23:00 Uhr noch hell – machen wir uns nochmals auf zur Bären-Plattform. Leider immer noch weder Lachse noch Bären in Sicht.
Da uns berichtet wird, dass auch heute noch keine Fische gesichtet wurden, fahren wir halt gleich los. Der Bear Gletscher ist ein herrliches Fotomotiv, wenngleich auch er in den letzten 100 Jahren arg geschrumpft ist. Einst reichte seine Zunge bis ans gegenüberliegende Tal-Ende, heute liegen hier ein Gletschersee sowie die Asphaltstrasse nach Steward.
Auf der Weiterfahrt sehen wir erstmals eine Elchkuh mit Jungtier über die Strasse rennen, natürlich wieder zu schnell für ein Foto… Am Nordende des Kinaskan Lake stellen wir uns auf einen Platz direkt am Ufer. Das Wetter schlägt um, die Wolkendecke zieht sich zu und der Wind wird kühler. Nichts wie weg nordwärts. Da wir auf der Rückfahrt von Alaska wieder hier durchfahren, lassen wir Watson Lake rechts liegen und machen uns auf nach Westen. Kurz vor Swift River stellen wir uns auf den Campground der Rancheria Lodge. So mies wie es hier aussieht, wird der Platz wohl in einem Jahr nicht mehr existieren.
Einige km vor Whitehorse führt ein Schweizer den Caribou Campground. Wir kriegen einen sehr schönen Stellplatz zugewiesen und gehen abends wieder mal essen: Im Wolf’s Den Restaurant gleich nebenan, auch von Schweizern geführt. Überhaupt hört man hier öfter Berndeutsch als Englisch, und abends ertönen aus dem Aufenthaltsraum Handorgelklänge:) Die Qualität des Campgrounds sowie das Essen müssen wir nicht weiter erwähnen – alles perfekt! Leider setzt nachts Regen ein, welcher sich auch am nächsten Tag hartnäckig hält. Nicht stark, dafür pausenlos, und es wird richtig kühl. Unser Dach scheint obendrein ein Leck zu haben, ausgerechnet über dem Bett…wieder Arbeit! Aber wir haben ja noch unseren Alaska-Aufenthalt zu planen, und so was braucht immer etwas Zeit. Sicherheitshalber reservieren wir in Anchorage zwei Nächte und – jipiiii, wir Glückspilze!!! – im Denali National Park DREI Nächte auf einem Campground sowie eine der meistens ausverkauften, begehrten Busfahrten! Und DAS während der Hochsaison!
Eigentlich wollten wir ja heute bis ins „richtige“ Alaska! Aber es regnet dermassen stark, dass wir in Burwash Landing am Kluane Lake eine Nacht direkt am See verbringen. Abends schliesst der Himmel endlich seine Schleusen und präsentiert uns einen wunderschönen Regenbogen.
Alaska – die letzte Grenze
Die Besiedlung des Gebietes reicht bis in die Altsteinzeit (etwa 12.000 vor Christus) zurück. Asiatische Gruppen wanderten über die vereiste Beringstrasse ein, wie die meisten der präkolumbianischen Völker, welche das heutige Amerika besiedelten. Vor der Ankunft der russischen Siedler ab ca. 1750 lebten Inuit sowie eine Vielzahl anderer Ureinwohner im heutigen Alaska.
Das einzige Interesse der Russen bestand im Pelzhandel. Als viele Tiere fast oder ganz ausgerottet waren, wurde die Kolonie als nicht mehr profitabel erachtet und zum Verkauf ausgeschrieben. Der US-Aussenminister William Seward organisierte im Jahr 1867 den Kauf Alaskas für 7,2 Mio. US$ durch die USA (heutiger Wert ca. 90 Mio. US$). Das alles geschah noch Jahre vor dem Goldrausch und den Erdölfunden. Am 3.1.1959 wurde Alaska zum 49. Bundesstaat der USA erklärt.
Anderntags: Stahlblauer Himmel und herrlich warm! Der Grenzübertritt nach Alaska dauert drei Minuten – endlich erreichen wir den nördlichsten US-Bundesstaat. Nur noch wenige Kilometer bis zum Tetlin Wildlife Refuge… und dort erwartet uns eine sehr angenehme Überraschung! Die direkt am See gelegenen und extrem grosszügigen Dry-Campingplätze sind free – inkl. Brennholz! Obendrein halten die Rancher täglich Gratis-Vorträge zu interessanten Themen, wie z.B. Baer Save. Nach den gesalzenen Preisen in Kanada eine wahre Wohltat!
Das Tetlin National Wildlife Refuge liegt in einer von Wäldern, Feuchtgebieten, Tundra, Seen, Bergen und Gletscherflüssen bestimmten Landschaft, wo nur wenige Wandermöglichkeiten existieren. Über 180 Vogelarten, Elche, Grizzlys, Schwarzbären, Wölfe, Luchse, kleinere Säuger und im Winter Karibus haben hier einen Lebensraum. Es ist auch Gegend des Borealen Waldes (russisch: Taiga). Auffällig ist, dass die Bäume keine ausladenden Äste haben und von kleinem Wuchs sind. Grunde dafür ist der Permafrost-Boden, welcher nur im Sommer oberflächlich auftaut. Es ist traumhaft schön hier und wir realisieren erstmals so richtig, dass täglichen 19 Stunden lang die Sonne scheint. Um Mitternacht ist es noch taghell.
Der vielgerühmte RV Park beim Caribou-Hotel in Glennallen ist eine kostspielige Katastrophe – Duschen und WiFi obendrein extra! Als wir dann aber von Einheimischen einen ganzen Lachs geschenkt kriegen (sie haben an einem Tag 98 Stück gefangen), sind wir sofort wieder bester Laune! Trotz leidlicher Internetverbindung können wir skypen und mit den Ratschlägen der Firma Traveltech (die müssten wir öfter lobend erwähnen) kriegt Beat die Scheinwerfer mittels einem Provisorium wieder hin! Puuh – nach so vielen Wochen endlich wieder Licht!
Die Fahrt über den Glenn Hwy bis Palmer führt über den Eureka Summit mit Blick auf den Matanuska Glacier. Unbeschreiblich schön, auch wenn die Wolken uns nicht freie Sicht auf all die Bergzüge rundum gewähren.
In Palmer statten wir einer Moschusochsen-Farm einen Besuch ab. In Alaska wurden die Tiere um anfangs des 20. Jahrhunderts ausgerottet (wieder ein ruhmreiches Menschheits-Kapitel). Eine Wiederansiedlung gelang, nachdem grönländische Moschusochsen in den 1930er Jahren auf der vor der Westküste Alaskas gelegenen Insel Nunivak ausgesetzt wurden und sich von dort wieder entlang des arktischen Festlands verbreiteten. Bei extremer, trockener Kälte fühlen sie sich wohl, nur Feuchtigkeit macht ihnen zu schaffen. Die Unterwolle der Moschusochsen zählt zu den feinsten natürlichen Fasern: Achtmal wärmer als Schafs- und so weich wie Kaschmirwolle. Aus dem Fell der Tiere wird diese Unterwolle von Hand herausgekämmt und zu hochwertigen Schals und Pullovern verarbeitet. Ein domestizierter Moschusochse liefert durchschnittlich 2,5 kg Wolle im Jahr, woraus Wollgarn von rund 18 km Länge mit einem Handelswert von ca. 8‘200 US$ hergestellt wird. Die Wolle ist unter der Bezeichnung Qivit im Handel.
Indianische Weissagung – wer kennt sie noch?< „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ Only after the last tree has been cut down, only after the last river has been poisoned, only after the last fish has been caught, then will you find that money cannot be eaten.
Der Matanuska River Campground ist ein herrlich idyllisches Wohlfühl-Plätzchen. Der geschenkte Lachs von gestern landet auf unserem Grill – so ein köstliches Abendessen! Langsam kriegen wir ein Durcheinander mit den Tageszeiten. Verdunkeln ist bis zu einem gewissen Grad hilfreich, trotzdem werden wir wohl ein Schlafmanko davontragen.
Anchorage – die Hauptstadt Alaskas und eines unserer ersehnten Ziele. Auf dem Golden Nugget RV Park gibt es mal wieder eine richtig gute (kostenlose) Internetverbindung und auch ansonsten stimmt alles hier. Den Ausflug nach Downtown unternehmen wir mit dem Bus, wobei die Stadt nicht allzuviel zu bieten hat. Vom historischen Stadtkern ist kaum was übrig und ausser Souvenirläden sowie einem Museum gibt es nichts Interessantes. Immerhin finden wir eine lustige Musik Bar, wo alle Sorten des Silver Gulch-Biers aus Fairbanks erhältlich sind und wo man sich mit Einheimischen ausgiebig über die Fragen des Lebens unterhalten kann.
Die russisch geprägte Kenai-Halbinsel im Süden lockt mit atemberaubenden Landschaften und einer reichen Tierwelt. Die Fahrt nach Homer führt an zahllosen Seen und Flüssen mit hunderten von Anglern vorbei, die auf fette Lachse hoffen. Es ist unbeschreiblich schön und wir machen bei fast jedem Aussichtspunkt einen Halt. Auf dem Sterling Hwy entlang des Cook Inlet bietet sich ein ganz besonderes Bild: Die noch ab und zu aktiven und über 3‘000m hohen Vulkane Redoubt und Mount Iliamna sowie der letztmals 2006 ausgebrochene Mount St. Augustine. Homer liegt im Nebel, wir suchen uns einen Plätzchen etwas ausserhalb.
Nur zu gerne würden wir von Homer einen Abstecher zur Insel Kodiak machen, wo die grössten Braunbären überhaupt existieren. Aber das ist denn doch zu viel für unseren Geldbeutel.
Wir durchqueren die Halbinsel von West nach Ost bis Seward. Grösstenteils dieselbe Strecke wie am Vortag, aber das Auge nimmt vieles anders wahr. In Soldotna steht eine Elchkuh unerschrocken an der Strasse (leider verjagt vom nachfolgenden Auto…). Auch Seward verbirgt sich im Küstennebel. Wir bleiben 12km vorher auf einem Campground und schauen und das Städtchen am anderen Morgen an, ehe wir zum Exit Glacier aufbrechen. Endlich mal wieder eine Wanderung, wenn auch nicht sehr weit. Der Gletscher ist dramatisch geschmolzen, was die Tafeln mit den Jahreszahlen am Wegesrand bezeugen. Trotzdem sehr beeindrucken, so ganz nah am Eis zu stehen und den „Gletscheratem“ zu spüren.
Auf dem Weg nach Norden machen wir nochmals nördlich von Anchorage am Matanuska River einen Übernachtungshalt. Spätabends bei Sonnenschein stattet und eine Elchkuh mit ihren zwei Kälbern einen Besuch ab – eine Riesen-Aufregung auf dem Campground! Anderntags am Morgen: Sämtliche Lichter am Auto haben den Geist aufgegeben…Sch….!
Die Fahrt über den nebligen Hatcher Pass – endlich mal wieder eine Gravel Road – wagen wir trotzdem. Gleichzeitig mit Verlassen der Baumgrenze auf hier 800müM dringt die Sonne durch. Eine herrliche Fahrt bei Sonnenschein inmitten von Seen, Bergen und Bächen. Wir mögen die vielen noch aktiven und stillgelegten Goldminen nicht mehr zählen. Am frühen Nachmittag ist Talkeetna bereits erreicht. Zeit, um noch am Reisebericht zu arbeiten und die Scheinwerferanlage – erfolgreich – zu reparieren.