Den Neujahrstag verbringen wir ganz gediegen mit einem Spaziergang am Strand von Antofagasta, unsere Gedanken sind bereits in der Wüste. Ehe wir am 2.1. losfahren, statten wir dem Felsentor nördlich der Stadt noch einen kurzen Besuch ab, dann geht’s aber endlich in die Atacama.
Nur ein kurzes Stück auf der Panamericana und dann ab Baquedano immer bergauf und quer über den Salar de Atacama. Dieser Salzsee ist nicht einfach weiss, sondern zeigt sich in vielen Braun- und Grautönen. Wir lieben diese Landschaft!
Das kleine Nest Peine liegt auf 2‘600müM und klebt richtiggehend an einem Hang am Rande des Salars. Hier finden wir einen Unterschlupf für eine Nacht (in diesem Dorf gibt es lediglich am Morgen Wasser!).
Anderntags holen wir das im August 2012 Versäumte nach: Die Lagunas Miscanti und Miñiques. Darauf sind wir schon lange gespannt! Die Strecke führt über das Dorf Socaire auf über 3‘000m und weiter über eine steile Sandpiste zu den beiden Lagunen auf 4‘300müM! Der Anblick des tiefblauen Wassers inmitten von Bergen, der vom Salz schneeweisen Ufer und der grasenden Vicuñas ist schlicht atemberaubend!
Unser Auto läuft wie eine Örgeli, aber wir beide haben den Anstieg von Null in Antofagasta auf 4‘300müM viel zu schnell hinter uns gebracht. Die Strafe sind Schwindelanfälle und grosse Müdigkeit! Wir getrauen uns nicht, hier oben zu übernachten und machen uns auf ins bereits bekannte San Pedro de Atacama. Auf dem Camping „Los Abuelos“ ist sogar „unser“ alter Platz noch frei, den wir sofort für 4 Tage in Beschlag nehmen. Akklimatisierung ist das Thema, denn die Schwindelanfälle bleiben uns auch am nächsten Tag erhalten!
Unser Chateau muss dringend – innen und aussen – von Salz und Sand befreit werden. Das Resultat unserer Bemühungen lässt sich jedenfalls sehen! Im Gegensatz zu unserem Aufenthalt im August sind die Abende wunderbar lau und den Swimmingpool können wir diesmal auch mehr als nur ansehen.
Nach 4 Tagen zieht es uns weiter nach Norden. Für die Kupferminen in Calama können wir kein Interesse aufbringen, da wir auf unserer Fahrt durch die Atacama schon unzählige andere Minen gesehen und deren Staub geschluckt haben.
Dafür reizt uns das Reserva Nacional Tamarugal. Beinahe unfassbar, dass in dieser Wüste überhaupt etwas wächst, aber der Tamarugo-Baum trotzt der Trockenheit und dem versalzten Boden mit seinem zweifachen Wurzelsystem, welches bis in 12m Tiefe reicht. Einst waren weite Teile der Wüste mit diesen Bäumen bewachsen, ehe diese für den Bau von Industrieanlagen gedankenlos abgeholzt wurden. In diesem Reservat wurde durch erfolgreiche Aufforstung ein kleiner Bestand gerettet. Der Campingplatz wird gerade neu gestaltet, man lässt uns aber vor den Baños für Tagesbesucher gratis übernachten. Hauptsache Dusche – heute darf sie gerne kalt sein!
Der Park Tamarugal liegt nur auf 1‘100müM und unser nächstes Ziel ist der Parque Nacional Volcán Isluga, dessen Campingplatz auf 3‘900m liegt! Gelernt hätten wir schon, aber es gibt auf der gesamten Strecke keine einzige Möglichkeit eines Höhen-Zwischenstopps. Nach ein paar Kilometern machen wir einen kleinen Abstecher zum „Gigante de Atacama“, einer imposanten Geoglyphen-Figur auf einem isolierten Hügel in der Wüste.
Zunächst fahren wir weiter bergan durch die Steinwüste, wo immer wieder Flussoasen weit im Tal unten zu sehen sind. Ab 3‘000m wachsen verschiedene Kakteen und gegen 4‘000m gibt es vermehrt Büsche und Polsterpflanzen.
Teilweise fahren wir auf über 4‘300m bis wir das Dorf Enquelga erreichen. Das Conaf-Büro ist verwaist (sie wollen offensichtlich kein Geld), also suchen wir den Campingplatz bei Aguas Calientes halt selber. Dort hat sich bereits eine enorm laute chilenische Familie für einen Grillnachmittag eingefunden. Diese erlauben sich den Spass, uns einfach nicht zu sagen, dass wir schon am Ziel sind und schicken uns weiter. Erst ein Lama-Hirte klärt uns auf, dass „jenes casita dort“ Aguas Calientes (S19 14.077 W68 47.441) ist. Bei unserer Rückkehr haben diese Spassvögel dann auch noch das Tor geschlossen. Jetzt wird Beat aber richtig sauer und kann plötzlich auch Spanisch: „Aguas Calientes, sí o no?“ Der jüngste Mann zieht bei Beats Donnerstimme den Kopf ein und so fahren wir endlich auf das Gelände vor der Thermalquelle. Kurze Zeit später werden die Wolken am Himmel immer dunkler und es beginnt heftig zu donnern und zu regnen – und das auf dem Altiplano! Wenigstens werden wir so den Techno-Sound der Chilenen los… Etwa zwei Stunden später verzieht sich das Gewitter und wir können wieder an die frische Luft. Aber es ist merklich kühler geworden und der zurzeit sehr aktive Vulkan Isluga hat eine Puderzuckerschicht erhalten. Im Verlaufe des Abends stösst der Vulkan immer höhere Dampfwolken aus, es riecht nach faulen Eiern. Teilweise spuckt er nun auch Feuer und es raucht an mehreren Stellen aus dem Lavakegel direkt unter dem Krater.
Nachts rauben mir heftige Kopfschmerzen den Schlaf, ein Warnzeichen für die Höhenkrankheit. Am nächsten Tag bleiben wir einfach hier, erledigen ein bisschen Bürokram, flicken am Auto rum und baden im 35C° warmen Wasser des natürlichen Thermalbeckens, welches wir heute ganz für uns haben. Jede Anstrengung, z. B. schweres Tragen, verursacht sofort Atemnot und Schwindel – man fühlt sich irgendwie uralt hier oben. Am späten Nachmittag zieht schon wieder ein Sturm auf, wir können bloss noch ins Auto flüchten. Abends reicht’s dann doch noch für Pollo vom Grill, ehe der Regen wieder einsetzt.
Höhenkrankheit überwunden, also weiter! Wir wollen zum Salar de Surire, die Pisten nach Norden enden jedoch alle im Nichts resp. an der bolivianischen Grenze. Der Alternativ-Umweg (A41) besteht aus einer haarsträubenden und teilweise beängstigend steilen und extrem harten Piste, welche uns auf über 4‘700müM führt, und zu allem beginnt es erneut zu regnen. Aber da müssen wir durch! Irgendwann fahren wir in die Quebrada de Tana und müssen den Fluss Tana sage und schreibe 12 Mal durchqueren.
Die Strecke ist aber wunderschön und lässt uns das schlechte Wetter beinahe vergessen. Endlich gelangen wir an die Abzweigung (A385) zum begehrten Salar. Dieser Streckenabschnitt ist aber zurzeit – warum auch immer – gesperrt! Ärger runterschlucken und halt zum Dorf Camiña weiterfahren. Die nasse Erde spritzt meterhoch und wir ahnen schon, wie das Auto ungefähr aussehen wird… Über haarsträubende, grausige Serpentinen – teilweise kommen wir nicht in einer Drehung um die Kurve – steil runter in dieses Dorf. Die Piste ist ausserdem nur gerade autobreit und es gibt absolut keine Ausweichstellen. Den Gedanken „wenn da einer entgegenkommt“ verbieten wir uns schlichtweg. Unser Chateau war noch niiiie so dreckig wie gerade jetzt! Im Hostal Santo Tomas kommen wir für eine Nacht günstig unter und im nahen Arbeiter-Restaurant kriegen wir ein anständiges Essen. Resumée des heutigen Tages: 8 Std. reine Fahrzeit für 108km und eine unserer abenteuerlichsten Strecken überhaupt!
Die tolle Route ab Camiña entlang des grünen Flusstals können wir nur empfehlen, sie ist zwar sehr eng, heute grösstenteils aber neu asphaltiert. Leider sind wir nun gezwungen, zurück auf die Panamericana auf Meereshöhe zu düsen und demnach über Arica wieder auf den Altiplano zu fahren. Die ungewohnte Hitze an der Küste ist ungewohnt unerträglich und leider finden wir wiederholt niemanden, der unsere leere Gasflasche füllt. Aber wenigstens mit einem vollen Tank geht’s wieder rauf auf 3‘600m nach Putre. Der Himmel zeigt sich immer düsterer und auf halber Strecke setzt wieder Regen ein. Bei unserer Ankunft liegt Putre in dichtem Nebel und es giesst in Strömen. Wir „Weicheier“ haben die Nase gestrichen voll und benötigen ganz dringend eine Aufmunterung: Dusche und WiFi in der wirklich günstigen Terrace Lodge mit ausserordentlich netten und auskunftsfreudigen Besitzern, wunderbar warmen Daunendecken und Heizung. Das Auto ist sicher untergebracht und wir benützen heute unsere eigene Küche. Am zweiten Tag sind wieder mal Schreibarbeiten Trumpf, abends gehen wir ins Altaverde essen (seeeehr gut!!). Ab Mittag regnet es auch heute wieder kräftig.
Die Berge rund um Putre sind am Abreisetag tief verschneit, wir ahnen Schlimmes!
Gottlob: Das Wetter in unserer Fahrtrichtung ist nicht mal so übel und der imposante Vulkan Parinacota (6’348müM) zeigt sich beinahe unverhüllt. Im fast ausgestorbenen Nest Parinacota kriegen wir für sehr wenig Geld im Hostal „Uta Kala de Don Leo“ ein Zimmer. Da wir vor dem Grenzübertritt nach Bolivien noch einige Lebensmittel aufzubrauchen haben, kochen wir in unserem mitten auf dem Dorfplatz parkierten Auto. Unternehmen können wir wegen des Wetters nicht allzu viel, aber für einen kleinen Ausflug nach Norden ins noch ruhigere Nest Cauquena mit seiner sehr schönen Adobe-Kirche (und einer Sponsorentafel auf dem Dorfplatz, worauf die Schweizerische Eidgenossenschaft ganz gross erwähnt ist) reicht es. Dank einer kleinen Reisegruppe wird abends die Adobe-Kirche in Parinacota für eine Besichtigung geöffnet, und wir schleichen uns sofort mit rein. Nur für uns zwei hätte sich das offensichtlich nicht gelohnt…
Wieder mal was vom Driver….15.01.2013
DER GRENZÜBERGANG von Chile nach Bolivien bei Tambo Quemado auf 4400müM.
Die Anfahrt bei nicht besonders gutem Wetter über einen 4’600m hohen Pass und was danach kam, war etwas ganz Spezielles. 16km nach der offiziellen Grenze – oh Graus -, Dutzende von Lastwagen, Sattelschleppern, Kleintransportern… und dann wir. Mein Puls rast! Blinker raus, auf die Gegenfahrbahn, (von nebenan: Bist du verrückt?) und allen vorfahren, zum Glück kein Gegenverkehr. Bei der chilenischen Grenzstelle müssen wir nur das Formular für unser Auto abgeben und können sogleich 100m Richtung bolivianische Station weiterfahren. Das Chateau parkiere ich irgendwo vor der Zollstation, nochmals kurz durchschnaufen, aussteigen. Eine Glocke aus Dieselrauch, Benzingestank und sonstigem Nebel begrüsst uns. Der erste Beamte, der unser Auto auf frische Lebensmittel und Sonstiges kontrolliert, muss fürchterliche Zahnschmerzen haben, hat der doch eine riesige, geschwollene Backe. Doch bei näherem Zuhören und Zuschauen: Er kaut bloss Cocablätter. Die Kontrolle geht reibungslos über die Bühne, bis – ja was steht denn mitten in unserer Wohnkabine?? Ein Sack voll Brennholz… Der wird beschlagnahmt (Borkenkäfer???). Wir mögen ihm den Sack gönnen:)
Nächste Station, weisser Container, ein sehr netter Beamter (auch mit dicker Backe und roten Äuglein) erklärt uns, dass wir je eine Kopie vom Pass, vom Führerschein, vom Fahrzeugausweis und von der Autoversicherung vorzeigen müssen, um uns dann registrieren zu lassen. Registrieren lassen?? Wo?? Auf der gegenüberliegenden Seite der Zollabfertigung im Dorf! Na dann ab ins Dorf, aber wohin? Ein wiederum sehr netter, leicht ergrauter Herr fragt uns auf gut Englisch, ob er helfen könne. Registration? Aha, kein Problem, kontrolliert unsere Kopien, die wir zuvor im Auto geholt hatten und sagt uns, da fehle ein Dokument. Zurück zum weissen Container. Es fehlt nichts! Zurück ins Dorf. 15 Minimarkets und 12 Kioskos…wohin nun? Da kann uns der sehr nette Herr wiederum helfen und geleitet uns in ein Büro aus dem 19. Jahrhundert. Eine hübsche Indianerin sitzt vor der mechanischen Schreibmaschine (Adlersystem), aber zum Glück, sie ist nur für das Transportwesen zuständig. In der hintersten Ecke, oh wie schön, ein Computer, dahinter eine weitere hübsche Indianerin, nimmt unsere Kopien, füllt ein Dokument aus, 10 Bolivianos (Fr.2.-). Wieder zurück zum grünen Container, nochmals Autokontrolle, nein, die hatten wir ja schon. In der Zwischenzeit ist aber ein anderer Beamter zur Stelle, auch mit Zahnschmerzen, und so muss Schneusel ihm erklären, dass das Auto schon kontrolliert wurde und wir kein Brennholz mehr hätten.
Neues Gebäude (gelb), Passkontrolle, die üblichen Zettel ausfüllen, Kopie sehr wichtig für die Ausreise und weiter ins nächste Büro zur Polizeikontrolle (Visum 100 Bolivianos). In der Zwischenzeit waren wir auf dem Dorfplatz und konnten dort bei einer hässlichen, alten, verschrumpelten, am Boden sitzenden Indianerin unsere restlichen chilenischen Pesos wechseln.
Zurück zum weissen Container und alle Papiere kontrollieren lassen. Der Beamte mit der dicken Backe sagt uns freundlich, auf einem Dokument fehle noch der Stempel der Autokontrolle. Jetzt bekommt Schneusel dicke Backen und rote Äuglein. Also nochmals zurück zum grünen Container. Juhui….. wir sind in Bolivien und registriert. Erleichtert zum Auto und sofort raus aus diesem stinkenden Dorf. Aber halt, da ist eine Barriere, und nochmals zahlen wir 10 Bolivianos für die Strassengebühr. Nun flimmern auch meine Augen. Das wars? Denkste. Auf unserer Fahrbahn kommen uns Autotransporter entgegen und ich beginne zu fluchen. Schneusel beruhigt mich, ich hätte das doch vor zwei Stunden auch gemacht… Jetzt geht’s aber los. Zwei verlorene Stunden? Im Gegenteil, Abenteuer pur… und wir haben das Ganze ohne Cocablätter überstanden!
Bei relativ guter Sicht auf die vielen 6’000er rundum erreichen wir das kleine Dorf Sajama im gleichnamigen bolivianischen Nationalpark. Der Anblick des imposanten Vulkans Sajama und gleichzeitig höchsten Bergs Boliviens (6’542müM) lässt uns vor Ehrfurcht lange innehalten. Im überraschend gemütlichen und sehr günstigen Hostal Sajama mit seinen kleinen Hütten inkl. warmen Duschen, Heizung und anständigem Essen nehmen wir wegen fehlenden (und verbotenen) Campingmöglichkeiten dankbar für zwei Nächte eine Unterkunft. Am zweiten Tag wollen wir die Geysire aufsuchen, das Unterfangen scheitert jedoch am kräftigen Regen und den dadurch extrem matschigen und weggespülten Pisten. Wieder mal verbringen wir den Rest des Tages „inside“ und hoffen sehnlichst, dass die morgige Fahrt nach La Paz nicht nur von Regen und Nebel begleitet sein wird.